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Mehr Anreize für ein Deal mit dem Finanzamt

Die Regierung Meloni hat die sogenannte zweijährige präventive Vergleichsvereinbarung erst kürzlich überarbeitet, um diese attraktiver für die Steuerzahler zu gestalten.
 
Die Maßnahme

Bekanntlich hat die Regierung Meloni 2024 die sogenannte zweijährige präventive Vergleichsvereinbarung (auf Ital. „concordato preventivo biennale“, nachfolgend PVV) eingeführt.

Hierbei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen dem Finanzamt und dem Steuerzahler, bei dem vorab die Bemessungsgrundlage vereinbart wird für die folgenden beiden Steuerperioden, auf den dann die Steuern sowie die Sozialbeiträge berechnet und abgeführt werden, unabhängig vom effektiv erzielten Einkommen (der WIKU vom 13.12.2023 berichtete).

Die Neuerung bedeutet konkret, dass z.B. bei Festlegung einer Bemessungsgrundlage von 50.000 Euro bei Erzielung eines höheren Einkommens von 60.000 Euro die überschüssigen 10.000 Euro nicht besteuert werden, da die Einkommensteuern auf dem vereinbarten Wert von 50.000 Euro berechnet werden. Leider gilt der Mechanismus der fixierten Bemessungsgrundlage für  die Steuer- und Beitragszahlungen auch im Falle von niedrigeren Einkommen als wie jene, die mit dem Finanzamt vereinbart wurden.

Lediglich in außerordentlichen Fällen (Katastrophen, Auflassung der Tätigkeit, Schäden am Betriebslokal, etc.) und bei Erzielen eines wesentlich geringeren Einkommen im Vergleich zum vereinbarten Wert, verfällt die Verpflichtung zur Einhaltung der Vergleichsvereinbarung.

Bei Annahme der PVV sind die Kontrollmöglichkeiten des Finanzamtes eingeschränkt - wer die PVV hingegen nicht annimmt, wird laut der Absicht der Regierung Meloni in Zukunft stärker vom Finanzamt kontrolliert.

Die präventive Vergleichsvereinbarung mit dem Fiskus erfolgt auf freiwilliger Basis, ist aber im Falle einer Annahme im Anschluss dann für volle zwei Steuerperioden gültig und unwiderruflich.

Geringe Begeisterung für die Maßnahme

Im Laufe des Jahres 2024 wurden die entsprechenden Durchführungsbestimmungen erlassen, womit sich ein klareres Bild auf die steuerliche Begünstigung ergab. Trotz des ursprünglichen Enthusiasmus des Vizeministers Leo, welcher für die Neuerung stark die Werbetrommel rührte, wurde die Neuerung bei genauerer Betrachtung von den Steuerzahlern und den Beratern nur mit mäßiger Begeisterung aufgenommen.

Dies lag im Wesentlichen daran, dass die zur Verfügung gestellte Software des Finanzamtes, welches die Bemessungsgrundlage für die PVV errechnet, grundsätzlich immer eine höhere Bemessungsgrundlage verlangt als wie jene, die in den Vorjahren erzielt wurde, wobei die Software des Finanzamtes im Wesentlichen darauf abzielt, die Steuerbemessungsgrundlage nach oben zu treiben zu jenem Wert, der dem höchsten steuerlichen Zuverlässigkeitsindex (sog. ISA- Note) von 10 entspricht. In einfachen Worten ausgedrückt bedeutet das in der Praxis auch, dass all jene Steuerzahler, die in den letzten Jahren aufgrund der schlechten Geschäftszahlen geringere ISA – Noten hatten, tendenziell wesentlich höhere Bemessungsgrundlagen aus der PVV zu erwarten hatten.

Die ersten Simulationen mit der Software des Finanzamtes ergaben beispielsweise, dass ein Südtiroler Gastronomiebetrieb, der in den Vorjahren im Schnitt circa 45.000 Euro im Jahr erklärte, aufgrund der nicht perfekten ISA- Note in den Vorjahren,  für die Jahre 2024 und 2025 vom Finanzamt eine PVV - Bemessungsgrundlage von respektive 65.000 und 85.000 Euro vorgeschlagen bekommen hat.

Dass die Begeisterung sich in Grenzen hält bei solchen Vorschlägen, ist offensichtlich - welcher Steuerzahler fixiert im Voraus eine wesentlich höhere Bemessungsgrundlage für die zukünftigen Steuer- und Beitragszahlungen, wenn in der Vergangenheit immer geringere Gewinne erzielt wurden und der weitere Geschäftsverlauf der zwei Folgejahre unsicher ist?

Die Korrekturen

Da auch in der Fachpresse und von der Berufskammer der Steuerberater wiederholt Kritik an der Maßnahme laut wurde, hat die Regierung Meloni daher kürzlich ein Gesetzesdekret verabschiedet, mit dem verschiedene Korrekturen an der PVV vorgenommen werden.

Die ursprünglich festgelegten Kriterien zur Ermittlung des vereinbarten Einkommens sollen im Grundsatz unverändert bleiben – auch weiterhin wird der Vorschlag des Fiskus sein, die Bemessungsgrundlage nach oben zu treiben zu jenem Wert, der dem höchsten steuerlichen Zuverlässigkeitsindex von 10 entspricht.

Was sich jedoch ändert, ist die Einführung einer wesentlich günstigeren Ersatzsteuer, die auf die Differenz zwischen dem Einkommen von 2023 und dem vereinbarten Einkommen für die betroffenen Steuerperioden 2024 und 2025 anwendbar ist.

Die anwendbare Ersatzsteuer ist degressiv gestaffelt und orientiert sich an den ISA – Noten des Steuerzahlers:
  • Bei einer ISA- Note von 8, 9 oder 10 wird das Differenzeinkommen mit einem Steuersatz von 10% besteuert;
  • Bei einer ISA- Note von 6 bis 7 wird das Differenzeinkommen mit einem Steuersatz von 12% besteuert;
  • Bei einer ISA – Note von 5 oder weniger wird das Differenzeinkommen mit einem Steuersatz von 15% besteuert.

Einfach ausgedrückt: wer eine gute Note hat, dem kostet die Anpassung weniger, weswegen die PVV attraktiver wird.

Ein Beispiel kann helfen, die Neuerung zu verstehen: wird bei einem Vorjahreseinkommen von 45.000 Euro z.B. eine PVV - Bemessungsgrundlage von 50.000 Euro festgelegt und sofern der Steuerzahler eine ISA- Note von 10 hat, darf der Steuerzahler die 5.000 Euro Differenz im Jahr 2024 mit einer Ersatzsteuer von 10% besteuern, anstelle der progressiven Einkommensteuer IRPEF, welche bei Einkommen von über 50.000 Euro bekanntlich 43% beträgt – ein wesentlicher Vorteil.

Bei Erzielung eines höheren Einkommens im Vergleich zur PVV – Bemessungsgrundlage werden zudem die überschüssigen Einkommen nicht besteuert, da die Einkommensteuern auf dem vereinbarten Wert berechnet werden. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass bei Erzielung eines effektiven Einkommens von z.B. 57.000 Euro die überschüssigen 7.000 nicht besteuert werden.
 
Die Neuerungen für die Pauschalbesteuerten

Auch für Pauschalbesteuerte (sog. „forfettari“) wird die Ersatzbesteuerung eingeführt und kann wahlweise angewendet oder abgelehnt werden. Für Pauschalbesteuerte, für die bekanntlich keine ISA-Indizes existieren, wird eine Ersatzsteuer von zehn Prozent und für neu gegründete Tätigkeiten eine Ersatzsteuer von drei Prozent vorgesehen. Dies stellt eine Reduktion der sonst üblichen Ersatzsteuer von 15 Prozent bzw. fünf Prozent (für die ersten fünf Jahre) dar.
 
Vorteilhafte Fristen für 2024

Die Frist für die Annahme der PVV – Bemessungsgrundlage fällt in diesem Jahr ausnahmsweise zusammen mit dem Abgabetermin für die Steuererklärung REDDITI 2024, sodass die Steuerpflichtigen bis zum 31. Oktober 2024 Zeit haben, die vorgeschlagenen Einkünfte zu berechnen und zu überprüfen, um die Sinnhaftigkeit einer möglichen Annahme der PVV – Bemessungsgrundlage zu bewerten.

Eine Annahme der PVV wird in diesem Jahr daher dadurch erleichtert, da bis zur Fälligkeit am 31. Oktober bereits ein Großteil des Geschäftsjahres 2024 vergangen sein wird und daher eine realistische Einschätzung des voraussichtlichen Einkommens möglich ist. Dies vereinfacht auch die Berechnung, ob und in welchem Umfang die Einkünfte über- oder unterschritten werden.

Wer schon weiß, höhere Einkommen zu erzielen, kann sich somit wesentliche Steuern sparen.
 
Dr. Gert Gasser
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. Gert Gasser

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