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Die verspätete Abgabe einer Ansässigkeitsbescheinigung schränkt nicht das Recht auf Rückerstattung der Quellensteuern ein

Mit einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil hat der Kassationsgerichtshof einen strittigen Punkt zur Rückerstattung der Quellensteuern bei Zahlung an ausländischen Gesellschaften klargestellt: die verspätete Abgabe der gesetzlich vorgesehenen Dokumentation impliziert nicht den Verlust auf das Recht der Rückerstattung der in Italien angefallenen Quellensteuern, sofern die substantiellen Voraussetzungen für die Anwendung der Rückerstattung oder Steuerbefreiung bestehen.

Machen wir einen Schritt zurück: Das italienische Steuergesetz sieht in den Bestimmungen zur Umsetzung der Mutter-Tochter- sowie der Zins-und Lizenzgebühren-Richtlinie vor, dass ein italienisches Unternehmen die Quellenbesteuerung aussetzen und daher die Beträge ohne Anwendung eines Quellensteuereinbehalts an eine ausländische Gesellschaft auszahlen darf, sofern bestimmte Voraussetzungen gegeben sind in Bezug auf die Rechtsform  und der steuerlichen Ansässigkeit des Mutterunternehmens sowie der Höhe und der Dauer der gehaltenen Beteiligung.

Diese Voraussetzungen müssen vor dem Zeitpunkt der Auszahlung der Gewinne bzw. der Zinsen und Lizenzgebühren vorliegen und durch eine Bescheinigung bestätigt werden.

Eine ähnliche Bescheinigung zur Reduzierung der Besteuerung findet Anwendung auch bei der Erstattung von Quellensteuern auf Einkünfte aus italienischen Quellen, die nach den Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) ganz oder teilweise nicht geschuldet sind, wobei in diesem Fall das Gesetz nicht verpflichtend vorsieht, dass die Bescheinigungen vor der Auszahlung eingeholt werden müssen.

In den letzten Jahren hat es zu diesem Punkt vermehrt Beanstandungen und Streitverfahren gegeben, in denen das ital. Finanzamt das Recht auf die Steuerbefreiung oder Steuerrückerstattung streitig gemacht hat aufgrund der verspäteten Bereitstellung der gesetzlich verlangten Dokumentation.

Einen wichtigen Wendepunkt stellt in diesem Zusammenhang das jüngste Urteil des Obersten Gerichtshofs Italiens Nr. 27646/2023 dar, welches erst kürzlich erlassen wurde. Im vorliegenden Fall ging es um Dividendenzahlungen von einer italienischen Tochtergesellschaft an eine ausländische Muttergesellschaft, welche zwar substantiell die Voraussetzungen der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllt hatten, für welche allerdings die Ansässigkeitsbescheinigung erst nachträglich nach erfolgter Auszahlung dem Finanzamt vorgelegt wurde.

Der oberste Gerichtshof kommt zum Schluss, dass die verspätete Übermittlung der Bescheinigungen durch die ausländische Muttergesellschaft an die italienische Tochtergesellschaft im Hinblick auf die Dividendenausschüttung das Recht der Muttergesellschaft auf Befreiung von der Quellensteuer auf Dividenden oder auf deren Erstattung zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung nicht beeinträchtigt, wenn substantiell die gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

Von zentraler Wichtigkeit ist daher nur, dass die Bescheinigungen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zum Zeitpunkt der Dividendenzahlung bestätigen - auch, wenn die Bescheinigungen erst verspätet eingeholt und dem Finanzamt vorgelegt werden.

Praktisch reicht es somit zum Beispiel aus, wenn die ausländische Gesellschaft für eine Ausschüttung, die beispielsweise im Jahr 2023 erfolgt, eine im Jahr 2024 ausgestellte Bescheinigung vorlegt, die sich auf das Jahr 2023 bezieht.

Die italienische Gesetzesbestimmung, welche das vorzeitige Einholen der Bescheinigung vor dem Zeitpunkt der Auszahlung vorsieht, wird vom obersten Gerichtshof nur als Bestimmung zum Schutze der italienischen Tochtergesellschaft zu sehen, die mit der Einholung der Bescheinigung jegliche Haftung als sog. Steuersubstitut ausschließen kann. Wird die Bescheinigung nicht eingeholt, schränkt dies nicht das Recht der Rückerstattung der in Italien angefallenen Quellensteuern ein.

Die Auswirkungen des Urteils sind bedeutsam – die Klarstellung gilt nicht nur für die Fälle von Dividenden-, Zins- und Lizenzgebührenzahlungen in Anwendung der entsprechenden EU-Richtlinien, sondern auch bei der Erstattung von Quellensteuern auf Einkünfte aus italienischen Quellen, die nach den Bestimmungen der DBA nicht geschuldet sind und daher auf Rückerstattung beantragt werden.

Wenn der Oberste Gerichtshof nämlich festgestellt hat, dass die Verpflichtung zur vorzeitigen Einholung der Bescheinigungen – welche lediglich in den Bestimmungen über Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gemäß EU- Richtlinien vorgesehen ist - verzichtet werden kann, muss dieser Grundsatz erst recht für Rückerstattungen gelten, die auf der Grundlage der DBA zu zahlen sind, in denen es keine diesbezügliche gesetzliche Bestimmung zur vorzeitigen Einholung der Bescheinigungen gibt.

Das sind gute Nachrichten für die vielen laufenden Verfahren.
Dr. Mirko Oliva
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. Mirko Oliva

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