Wer als Privater in der Provinz Bozen eine Immobilie über Airbnb vermietet, darf die Einheitssteuer („Cedolare secca“) anwenden, auch wenn gemäß Landesgesetz 12/1995 für die Privatzimmervermietung die Verwendung von Airbnb die Vermietung als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert. Dies ist die Kernaussage der erst kürzlich veröffentlichten Antwort 373/2019 des Finanzamtes.
Die Einheitssteuer
2017 wurde bekanntlich die Einheitssteuer („cedolare secca“) für die kurzfristige Privatzimmervermietung durch das GD 50/2017 im nationalen Steuergesetz eingeführt. Als kurzfristig gilt eine Vermietung, sofern diese eine Dauer von 30 Tagen (pro einzelnen Mietvertrag) nicht überschreitet. Beim Vermieter muss es sich zwingend um eine Privatperson handeln, der die Vermietung im Rahmen einer nicht gewerblichen Tätigkeit ausübt. Als Mietobjekt sind lediglich Wohnimmobilien zulässig. Werden all diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Vermieter die Einnahmen mit der Ersatzsteuer in Höhe von 21% besteuern.
Gemäß dem nationalen Steuergesetz handelt es sich um eine nicht gewerbliche Tätigkeit, wenn neben der reinen Vermietung der Immobilie auch die Zurverfügungstellung von Wäsche und die Reinigung der Lokale vorgesehen sind. Werden hingegen Zusatzdienstleistungen erbracht, welche nicht im direkten Zusammenhang mit dem Wohnzweck der Immobilie in Verbindung stehen, wie z.B. die Verabreichung von Frühstück oder von Speisen, das Waschen und Bügeln von Kleidern, die Zurverfügungstellung von Mietautos oder Reiseführern, so ist gemäß nationalem Steuergesetz die Tätigkeit als gewerblich zu betrachten.
Die Qualifizierung als gewerbliche Tätigkeit hat zur Folge, dass die Eröffnung einer MwSt.-Position und die Eintragung der Tätigkeit bei der Handelskammer notwendig werden - die entsprechenden Einkünfte werden als Unternehmenseinkünfte qualifiziert und fallen in den Anwendungsbereich der progressiven Einkommensteuer IRPEF, die bis maximal 43% wesentlich höher ausfällt wie die Ersatzsteuer.
Das Provinzgesetz zur Zimmervermietung
Die Privatzimmervermietung von Gästezimmern und Ferienwohnungen ist in der Provinz Bozen durch das Landesgesetz 12/1995 geregelt. Gemäß den Bestimmungen der Provinz Bozen ist die Vermietung als Privater nur dann möglich, sofern keine Werbe – bzw. Vermittlungstätigkeit beansprucht wird und nicht mehr als vier Mietverträge je Zimmer bzw. Wohnung pro Jahr abgeschlossen werden. Da die Inanspruchnahme von Onlineportalen wie Airbnb und Booking als Werbetätigkeit angesehen wurde, konnte laut der bisherigen Auffassung der Steuerzahler bei Nutzung der genannten Portale die Vermietung nicht als Privatperson machen, sondern war zur Anmeldung einer gewerblichen Tätigkeit verpflichtet, mit all den oben genannten Konsequenzen (Eröffnung MwSt.-Position, Eintragung Handelskammer, Qualifizierung der Einkommen als Unternehmenseinkünfte). Wer also neben den Einkünften aus Vermietung beispielsweise über ein Arbeitseinkommen verfügte, wurde aufgrund der steuerrechtlichen Qualifizierung der Tätigkeit hoch besteuert.
Genau der Konflikt zwischen der nationalen Steuergesetzgebung, welche eine begünstigte Besteuerung für die Privatzimmervermietung vorsieht, und des Landesgesetzes zur Privatzimmervermietung, welches durch die restriktive Auslegung bei Nutzung von Onlineportalen die Anwendung der begünstigten Besteuerung einschränkt, war der Stein des Anstoßes für das Auskunftsverfahren beim Finanzamt. Ein Steuerzahler wollte Auskunft erhalten, ob die Vermietung einer einzigen Immobilie über Airbnb aufgrund des Landesgesetzes als gewerbliche Tätigkeit einzustufen sei.
Die Position des Finanzamtes
Das Finanzamt hat zur Angelegenheit eine klare Position: die steuerliche Gesetzgebung fällt in die Zuständigkeit des Staates und nicht in jene des Landes – die Provinz Bozen kann dementsprechend nicht festlegen, ab wann eine Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des Steuerrechts angesehen werden muss. Dementsprechend muss zur Qualifizierung als gewerbliche Tätigkeit nur auf die Bestimmungen des nationalen Steuergesetzes zurückgegriffen werden. Damit im Sinne des nationalen Steuergesetzes von einer gewerblichen Tätigkeit gesprochen werden kann, ist es notwendig, dass die Tätigkeit in unternehmerischer Form organisiert wird zum Zwecke der Erbringung einer Dienstleistung.
In Anwendung der soeben genannten nationalen Bestimmungen stellt die Vermietung einer einzelnen Immobilie über ein Onlineportal wie Airbnb und ohne Erbringung von Zusatzdienstleistungen keine gewerbliche Tätigkeit dar, womit die Vermietung in den Anwendungsbereich der Einheitssteuer in Höhe von 21% fällt.
Fazit
Die Stellungnahme ist zu begrüßen - offen bleibt noch die Frage, ab welchem Moment eine Vermietung als gewerbliche Tätigkeit einzustufen und wenn nicht. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber 2017 eine Durchführungsbestimmung einführen, mit der eindeutige Kriterien festgelegt hätten werden sollen, ab wann von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen ist, aber diese Bestimmung wurde nicht verabschiedet.
Bis dahin muss die Frage nach dem Bestehen einer gewerblichen Tätigkeit somit sorgfältig abgewogen werden, unter Berücksichtigung der Anzahl der vermieteten Zimmer oder Wohnungen, der Höhe der erzielten Einkommen, der Anwesenheit und Art von Zusatzdienstleistungen, sowie des Umfangs der Organisation mit Bezug auf Personal, Güter und Kapital.
Steuerberater und WirtschaftsprüferDr. Gert Gasser